Feiern auf Ghanas größtem Streetart-Festival Chale Wote

 Accra ist in vielen Dingen eine spezielle Stadt, zumindest nach den Erfahrungen, die ich bisher in neun verschiedenen afrikanischen Ländern gemacht habe. Denn die Stadt ist nicht nur sehr sicher, sondern auch wahnsinnig bunt und kreativ. Ständig findet irgendwo irgendein Event statt. In den vergangenen Tagen war es das Chale Wote Street Art Festival - eines der größten in Afrika. Zwölf Tage lang wurde in der Hauptstadt gefeiert - nicht nur Künstler trafen sich hier! Viele Künstler traten in Kostümen auf, in einem Land, in dem Homosexualität verboten ist, spazierten Männer in Kleidern und auf High Heels durch die Gegend und auch politischer Protest fehlte nicht.


Chale Wote Festival in Accra: Ghanas größtes Straßenfest

Streetart, darunter kann man ja vieles verstehen. Ich war bisher tatsächlich nur in Bremen auf einem richtigen Street Art Festival: La Strada. Dort gibt es eine Woche lang verschiedene Aufführungen.

 

In Ghanas Hauptstadt Accra ist das natürlich ein wenig anders. Es gibt kein getaktetes Programm beim Chale Wote Street Art Festival, die Kunst ist einfach da und dauerpräsent und wenn man Glück hat, läuft man quasi in eine Performance hinein.

 

Ich war am Wochenende dort und da war es natürlich nochmal extra voll. Allerdings kam man immer noch sehr gut durch. Das Festival findet auf einer Strecke von etwa zwei Kilometern statt und zieht sich entlang des Meeres vom Stadtteil Osu in den historischen Stadtteil Jamestown. Definitiv ein spannender Einblick nach solch kurzer Zeit in Ghana

Das Chale Wote Street Art Festival kostet keinen Eintritt und man ist quasi sofort mittendrin. Um mich herum trommelte und tanzte es, Musik kam aus Lautsprechern und kostümierte Menschen waren überall zu sehen. Ich war direkt in Feierlaune und habe auch ein wenig mitgetanzt – die Stimmung steckt einfach an.

 

Auf der Straße, die für den Autoverkehr natürlich gesperrt ist, sind überall Künstler, die beispielsweise groß auf Leinwänden malen oder gar den Boden verzieren. An den Seiten werden nicht nur Essen (u.a. Ziegenpenis - ich habe dann doch lieber zum Popcorn gegriffen!) und Getränke verkauft, sondern auch allerlei Handgemachtes (und nicht Handgemachtes) wie Tücher, Kleidung, Bilder, Malereien, Schmuck, geflochtene und gebastelte Körbe.

 



Chale Wote Street Art Festival: Bunte Kostüme

Nicht nur die Maler sind auf der Straße aktiv, sondern auch Performance-Künstler. Ich habe einige spannende kurze Vorstellungen auf dem Chale Wote Street Art Festival in Accra gesehen, etwa eine Gruppe, die gegen die ghanaische Regierung protestierte, indem sie die Regierungsvertreter in Windeln steckte, abhängig von der Milch eines Mächtigen, die die Opposition einfach umwirft.

 

Begeistert war ich auch von den aufwändigen und farbenprächtigen Kostümen. Ein Mann trug beispielsweise auf seiner linken Seite einen Anzug mit Hut und Lederschuhen – und auf seiner rechten Hälfte ein rotes Tüll-Kleid mit High Heels! Ein anderer war am ganzen Körper bemalt und hatte ein riesiges Rad auf dem Rücken. Wieder andere malten sich traditionelle Farben ins Gesicht, trugen ein paar Fetzen Klamotten und zogen mit Trommeln und Pfeilen los. Meistens findet sich in der Nähe jemand, der Spenden dafür sammelt, man muss allerdings nichts geben.

 

Masken konnte man an jeder Ecke kaufen und auch konnte man sich überall schminken lassen – viele Besucher haben das auch genutzt, ich jedoch nicht. Fliegende Händler und die Frauen, die teilweise ihr Körpergewicht auf dem Kopf tragen, kommen immer wieder vorbei und wollen Getränke, Schmuck und Co verkaufen.


Folgst du mir eigentlich schon? 

 

auf Instagram und Facebook?

Dort siehst du regelmäßig Reisefotos und wirst über
neue Blogbeiträge umgehend informiert! 

 



Chale Wote in Accra: Sehenswürdigkeiten als Plattform

An einigen Sehenswürdigkeiten von Accra gibt es auch spezielle Performances, etwa am Ussher Fort. Dort, wo einst Sklaven gesammelt und gefangen gehalten wurden, ehe sie über den Atlantik von Ghana in die Amerikas verschleppt wurden, waren die Wände komplett bunt bemalt, in einer Ecke legte ein DJ auf und ein paar Tänzer traten auf, umringt von einer feiernden Menge. An einer Wand waren auch Ketten ins Kunstwerk integriert – gerade an diesem Ort hat mich das emotional total gepackt. Auch in James Fort gab es spezielle Kunst-Attraktionen, es war aber so voll, dass ich mich nicht angestellt habe.

 

Leider gibt es auch nicht so nette Attraktionen, die ich an dieser Stelle aber auch erwähnen möchte. So fanden auf der zwei Kilometer langen Trasse doch einige Kinder-Boxkämpfe statt. Die Kids hatten nur Hosen an, keine Schuhe, meistens auch keinerlei Schutz für den Kopf, und eben Boxhandschuhe und gingen aufeinander los.

 

Auch sind Tiere wohl gern gesehene Gäste auf dem Festival. Zwei Männer trugen einen riesigen Käfig mit Ratten durch die Gegend. Die Tiere waren sichtlich gestresst und hatten allesamt komplett blutige Schnauzen von den Gittern. An einer Stelle fanden sich Schlangen und Fische in einem kleinen Behälter, die natürlich von Besuchern betascht werden durften. Am schlimmsten allerdings war für mich, dass eine Riesenschildkröte ausgestellt wurde. Ihr Panzer war bunt angemalt und sie war komplett umringt von Menschen. Das arme Tier.

 


Alles in allem fand ich es aber einen bemerkenswerten Ausflug und die meisten Dinge waren durchaus positiv, sodass ich viel Spaß hatte. Es ist einfach schön, dass man selbst im Dunkeln einfach auf solch einem Fest sein kann, mitten in Accra – das kenne ich aus Nairobi oder anderen afrikanischen Großstädten sonst nicht. Wenn ihr also in den kommenden Jahren Mitte / Ende August in Accra seid - schaut doch mal vorbei!


Kommentar schreiben

Kommentare: 4
  • #1

    Mo (Freitag, 26 März 2021 14:57)

    Liebe Miriam,

    eine sehr interessante Vorstellung von diesem Streetart Festival. Ich habe davon noch nie gehört und bin mir auch nicht sicher, ob ich das besuchen möchte. Generell mag ich Menschenansammlungen ja nicht so gern, aber am meisten erschreckten mich deine Schilderung zu den Tieren und den boxenden Kids. Da wäre ich echt raus. So schön so ein buntes Festival auch ist, aber Tierquälerei gehört da nicht hin. Und das die Kinder keine ausreichende Schutzkleidung- bzw. ausrüstung haben, finde ich echt traurig.
    Aber du sagst ja, dass du es unterm Strich positiv in Erinnerung hast.

    Liebe Grüße
    Mo

  • #2

    Julia (Freitag, 26 März 2021 20:22)

    Hallo Miriam,

    wie toll das Fest ist. Die kleinen Videos sind echt toll und man bekommt gleich Lust drauf. Die Stimmung und die Musik sind toll. Aber auch das bunte und freie in dieser Feier. Ich denke in Sachen der Tiere sollten die lernen das es Tiere sind mit Gefühl. Aber das ist überall auf der Welt. Das mit dem Kids und Boxen finde ich schlimm und traurig.
    Sonst anscheind ein tolles Fest.

    Liebe Grüße
    Julia

  • #3

    Jana (Freitag, 26 März 2021 20:49)

    Ich war mal auf einem Street Festival in England, das war aber nicht ansatzweise so bunt und voller Kunst. Trotzdem ein spannendes Erlebnis. In Afrika war ich ja leider noch nie, aber reizvoll ist es allemal. Nur würde ich dann auch keinen Ziegenpenis essen! Ich glaube, da findet sich dann auch was anderes :)

    Liebe Grüße
    Jana

  • #4

    Cornelia (Freitag, 26 März 2021 21:42)

    Auf den Fotos sieht es ein wenig aus, wie Straßenkarneval. Da bin ich raus, das ist nicht wirklich meins. Aber es überrascht mich, dass es so etwas in Ghana gibt, dorthin hätte ich das jetzt wirklich nicht verortet. Man lernt doch immer wieder etwas dazu ...