Sansibar ist nicht nur eine Insel mit Traumstränden und Gewürz-Plantagen, sondern auch eine Insel der Schildkröten. Im Indischen Ozean leben sie zu Hunderten und Tausenden - und immer wieder verfangen sich Schildkröten in Fischernetzen. Deshalb gibt es einige Rettungsstationen, vor allem im Norden von Sansibar, in Nungwi. Dort werden verletzte und verwaiste Tiere versorgt - die Arbeit finanziert sich durch Einnahmen von Touristen. Die dürfen die Aquarien, die aus natürlichen, mit dem Indischen Ozean verbundenen, Lagunen bestehen, besuchen, sie mit Seegras füttern oder gar mit ihnen schwimmen. Ich berichte von meinem Besuch im Baraka Aquarium in Nungwi auf Sansibar 2017.
Nungwi: Deshalb gibt es Rettungsstationen für Schildkröten
In Nungwi auf Sansibar gibt es einige Auffangstationen für Meeresschildkröten, hauptsächliche für die Grüne Meeresschildkröte. Die Einrichtungen liegen nebeneinander in der Nähe des Leuchtturms (auch ein Gästehaus befindet sich dort) von Nungwi.
Die meisten Rettungsstationen für Schildkröten auf Sansibar werden von Locals betrieben, die sich auch um Aufklärung bemühen und vor allem Fischer für den Schutz der bedrohten Meeresschildkröten sensibilisieren.
Denn leider ist der Hintergrund ein trauriger: Die Schildkröten verfangen sich in den Fischernetzen der Fischer auf dem Indischen Ozean und werden dann meist von den Fischern direkt zu den Stationen gebracht. Dort werden sie in Lagunen gehalten, die mit dem Meer verbunden sind und damit auch Ebbe und Flut haben. Wenn die Schildkröten gesund sind, werden sie wieder in den Indischen Ozean und damit in Freiheit entlassen. Mehr zu dem Thema am Ende des Textes.
Schwimmen mit Schildkröten: Was ist mit dem Tierschutz?
Ich hatte das mit den Schildkröten auf Nungwi gar nicht so auf dem Schirm - bis mir beim Schnorchelausflug ins Atoll vor Mnemba Island andere Reisende davon berichtet haben. Da ich Schildkröten, vor allem Meeresschildkröten, total gerne mag, habe ich mich dann mal nach den verschiedenen Einrichtungen umgeschaut, die es hier so gibt.
Es gibt verschiedene Rettungsstationen, die sich um die teilweise verletzten Schildkröten kümmern. In einigen darf man die Schildkröten nur von außen anschauen, in anderen darf man sie füttern und in wieder anderen darf man auch zu ihnen ins Wasser steigen.
Ich hatte mich vorab bei einer Tierschützerin erkundigt - und sie hat mir das Baraka Aquarium empfohlen, obwohl man dort mit den Schildkröten schwimmen darf. Mein erster Impuls war, dass es den Tieren sicher nicht gut gehen kann, wenn da ständig Menschen zu ihnen ins Wasser steigen.
Deshalb war es für mich auch wichtig, mich erst einmal umzuschauen und kurz zu checken, ob es wirklich okay ist, wie die Schildkröten hier leben und ob gewisse Standards im Tierschutz eingehalten werden - auch wenn ich keine Expertin in Sachen Meeresschildkröten bin.
Im Baraka Aquarium war man da ganz offen - was mir viel Mut gemacht hat. Am Eingang meinten sie, ich könnte gerne mal zum Becken laufen und mich umschauen - sie wüssten ja, dass ich noch nicht bezahlt hätte und das wäre auch erst einmal gar kein Problem.
Das Baraka Aquarium ist eines jener Projekte, die nicht so stark beworben werden wie andere in der Region. Dabei ist die Anlage riesig. Es gibt beispielsweise auch Bungalows, in denen man sich einmieten kann - sie werden unter anderem über Airbnb vermietet.
Der Pool für die Schildkröten ist eine Art Lagune, die mit dem Indischen Ozean verbunden ist. Die Schildkröten hier leben also im Meerwasser und sie erleben auch Ebbe und Flut mit, ganz wie in ihrem natürlichen Umfeld. Die Tiere können sich in der Lagune frei bewegen - und Menschen haben nicht zu allen Bereichen freien Zugang. Die Schildkröten hatten also durchaus Rückzugsmöglichkeiten.
Selbst als ich das gesehen habe, hatte ich noch einige Fragen an die Mitarbeiter - und mir wurde versichert, dass nicht beliebig viele Menschen gleichzeitig zu den Schildkröten ins Wasser dürfen, weil die Schildkröten nicht gestresst werden sollen. Es stand immer ein Mitarbeiter am Rand der Lagune und wies Besucher an, wie sie sich zu verhalten hatten - und er intervenierte auch, wenn sich ein Besucher nicht an die Regeln hielt.
Schon gelesen?
► Schildkröten schlüpfen sehen am Südkap Ghanas
► Schildkröten bei der Eiablage auf São Tomé
► Stonetown, die Hauptstadt von Sansibar
► Volunteering im Globalen Süden: Wann ist es sinnvoll?
► Die 10: Magical Moments in Afrika
► Die 10: Inspirierende Frauen aus Afrika
► Plädoyer fürs Soloreisen: Als Frau alleine in Afrika
► Globaler Süden: Darum sollst du Kindern nix schenken
► Tierschutz auf Reisen: Darauf solltest du verzichten
► Das Wildlife von Subsahara-Afrika in Bildern
Schildkröten in Nungwi: Eintritt und Ablauf
Es hat mich also alles einigermaßen überzeugt und ich habe die 10 US-Dollar Eintritt gezahlt. Mit dem Eintritt hat man freien Zugang zu der Lagune und kann so lange bleiben, wie man möchte.
Enthalten ist dabei auch, dass man die Schildkröten mit Seetang füttern darf (die einzige Nahrung, die sie hier bekommen) und eben zu ihnen in die Lagune steigen darf. Hier leben übrigens nicht nur süße Schildkröten, sondern auch große und kleine Fische - die bisweilen sehr hungrig daher kommen.
Bevor ich ins Wasser gegangen bin, hat der Mitarbeiter mich noch einmal vertraut gemacht mit den Regeln: Die Schildkröten nicht jagen, nicht festhalten, nicht auf sie treten oder auf ihnen "reiten", sie nicht mit mitgebrachten Dingen füttern und solche Dinge. Also eigentlich das, was einem der gesunde Menschenverstand sagt. Aber ich schätze, es hat seinen Grund, dass die Mitarbeiter so viel wert darauf legen, dass das jeder gehört hat, ehe er ins Becken steigt.
Mit Schildkröten schwimmen in Nungwi: Meine Erfahrung
Als ich damals im April 2017 die Rettungsstation für Schildkröten in Nungwi auf Sansibar besucht habe, war ich zunächst der einzige Gast. Es hatte vormittags etwas geregnet und generell war das Wetter nicht so dolle, immer mal wieder kam auch etwas Regen. Bei über 30 Grad Außentemperatur fand ich das aber alles andere als tragisch.
Während ich im Wasser war, warf ein Mitarbeiter etwas Seetang in meine Nähe, sodass direkt einige Schildkröten angeschwommen kamen und danach schnappten. Da war ganz schön was los - denn auch größere Fische wollten davon was abbekommen und haben ebenso wild um sich geschnappt.
Ich konnte beliebig viel Zeit im Becken verbringen und das habe ich auch länger genutzt. Leider hatte ich keine Unterwasserkamera dabei, sodass ich nur mit dem Handy in der Hand von oben fotografieren konnte. Und da meine Hände ja auch nass waren und ich keinen Halt hatte, weil ich nicht stehen konnte, sind die meisten Bilder enorm verwackelt.
Nach einer Weile brauchte ich eine kurze Pause und auch das war gar kein Problem. Ich konnte mich in mein Handtuch gewickelt an den Rand setzen und die Schildkröten beobachten und mich dabei mit dem Mitarbeiter unterhalten. Er hatte gerade nichts zu tun, weil ich nach wie vor der einzige Gast war. Er führte mich dann auch noch zu den Schlangen - was ich ehrlich gesagt aber ziemlich uncool fand und mich dann doch ein wenig hat zweifeln lassen am Konzept: Das Projekt hält nämlich auch zwei große Schlangen in einem recht kleinen Bereich - also zumindest, was den Tierschutz bei Schlangen angeht, nicht die beste Adresse.
Nach der Pause bin ich wieder ins Wasser gestiegen, ich war noch nicht ganz mit meinen Aufnahmen zufrieden - und ich wusste ja auch nicht, wann ich je wieder die Chance bekommen würde, mit Schildkröten auf Tuchfühlung zu gehen.
Während ich im Becken war, kamen nun auch weitere Gäste, eine Familie mit einem kleinen Kind und zwei Paare so um die 50. Auch hier hatte der Mitarbeiter viel Geduld und erklärte ihnen alles und beruhigte auch das Kind, als es etwas hippelig wurde im Wasser - was sich wiederum auf die Schildkröten auswirken kann.
Schildkröten auf Sansibar: Gibt es eine Auswilderung?
Ob die Tiere tatsächlich ausgewildert werden, wie das Projekt es behauptet, weiß ich nicht. Darüber konnte ich bisher keine Informationen finden.
Einerseits werden tatsächlich viele Schildkröten von Fischern gefangen, andererseits waren es erstens ziemlich viele Schildkröten im Becken und viele davon waren auch unverletzt, sodass man sie eigentlich wieder hätte aussetzen können. Der Mitarbeiter sagte, dass man die Tiere einige Monate dabehält, ehe man sie freilässt - warum das so ist, konnte er mir aber nicht sagen.
Was ich in Erfahrung bringen konnte: Einige Fischer fangen die Schildkröten quasi bewusst, weil sie dann von den Rettungsstationen Geld dafür bekommen - die kaufen die Schildkröten nämlich frei. Zudem gibt es in Tansania und auch auf Sansibar nach wie vor Wilderei in Sachen Meeresschildkröten, sowohl Muttertiere bei der Eiablage werden gewildert wie auch die rund 100 Eier pro Nest. Die Rettungsstationen suchen die Nester auf und graben die Eier wieder aus - um sie an sicherer Stelle wieder zu vergraben.
Anders als beispielsweise in Ghana oder auf São Tomé und Príncipe passiert das aber nicht direkt am Strand - sondern auf privaten Grundstücken etwas abseits. Die Schildkröten werden dann wohl auch nicht direkt nach dem Schlüpfen freigelassen, sondern erst eine Weile in der Lagune großgezogen - damit soll das Überleben gesichert werden, denn die meisten Schildkröten-Jungen sterben innerhalb des ersten Jahres (nach einem Jahr leben nur noch rund 10 von 100 geschlüpften Schildkröten).
Warst du schon einmal mit Schildkröten schwimmen? Vielleicht sogar in freier Wildbahn?
PS: Du möchtest mir etwas zu dem Artikel sagen? Du hast eigene Gedanken und Anregungen, oder auch Kritik, die du einbringen möchtest? Ich freue mich über deinen Kommentar.
Kommentar schreiben
stephan (Dienstag, 26 Januar 2021 11:39)
Hi Miriam,
von dem Problem das Schildkröten sich in den Netzen von Fischern verfangen hatte ich auch noch nicht gehört, klingt aber logisch.
Ich finde es aber klasse, dass das Problem durch diese Rettungsstationen so gut angegangen wird und die Schildkröten wieder gesund gepflegt werden.
Hoffentlich ist das Freilassen nicht nur ein ungehaltenes Versprechen!
Mit Schildkröten zu schwimmen stelle ich mir sehr schön vor und wette, dass es Riesen Spaß macht.
LG
Stephan von Blindfuchs.de
Renate (Mittwoch, 27 Januar 2021 08:04)
Das ist ja wirklich eine ganz besondere Erfahrung, die Du da gemacht hast. Klar, man macht sich viele Gedanken darüber, ob der Tierschutz auch wirklich Vorrang hat. Letztlich werden wir als Nicht-Experten das niemals wirklich zuverlässig beurteilen können. Genau wie Du wäre ich auch ins Wasser gestiegen. Sogar mit großer Freude. Und zumindest ist eine solche Touristenattraktion noch eine Gelegenheit mehr, die Menschen davon zu überzeugen, wie schützenswert diese tollen Tiere sind. Um das Erlebnis beneide ich Dich. Wunderschön!
Charis (Mittwoch, 27 Januar 2021 16:51)
Interessant. Ich bin zufällig beim Stöbern auf Deinem Artikel gelandet. Bisher wusste ich noch gar nicht, dass es sowas überhaupt gibt. - Ob ich unbedingt so nah an eine Schildkröte im Wasser herankommen wollte, kann ich schwer sagen. Zuschauen würde ich auf jeden Fall.
anja@stadtlandweltentdecker.de (Mittwoch, 27 Januar 2021 19:28)
Liebe Miriam,
bereits bei deinem letzten Sansibar-Beitrag zum Schnorcheln hatte ich dir in die Kommentare geschrieben, dass mich die Schildkröten sehr interessieren würden. Wie schön, dass es hier den entsprechenden Beitrag gibt.
Was das "Schwimmen" mit den Schildkröten angeht, hätte ich allerdings auch Bedenken gehabt. Gut, dass du dich vorher erkundigt hast - ich hätte gar nicht gewusst, worauf ich hätte achten müssen.
Dass die Tiere im Lagunenwasser leben und auch Ebbe und Flut erleben und es auch klare Regeln gibt, wenn man zu den Schildkröten ins Wasser möchte, ist toll - warum jedoch die unverletzten Tiere noch immer dort waren und nicht erklärt werden konnte, warum, ist in der Tat fragwürdig.
Herzlichen Gruß
Anja von STADT LAND WELTentdecker
Tanja L. (Mittwoch, 27 Januar 2021 20:40)
Auf Aruba legen auch Schildkröten ihre Eier ab. Dort werden die Nester abgesperrt, aber nicht ausgegraben. Wenn dann Schlupfzeit ist (ab ca. Juni), achten Schildkrötenschützer auch darauf, dass die Jungen wohlbehalten ins Wasser kommen. Die Menschen müssen hinter den Absperrungen bleiben. Aber immerhin sind die Kleinen so vor gefräßigen Raubvögeln geschützt, die sie zumindest am Land nicht fangen können.
Nach Sansibar wollte ich auch sehr gerne, aber wir haben uns dann für Aruba entschieden. Ganz vom Tisch ist Sansibar aber nicht. Deshalb habe ich Hoffnung, auch einmal mit Schildkröten zu schwimmen. Auf Aruba hatte ich das Glück nämlich leider nicht.
Daniela (Donnerstag, 02 Februar 2023 09:40)
Hi Miriam, gern möchte wir ein kurzes Update zur Auffangstation geben, wir waren erst gestern dort. Ich muss sagen, dass es für mich eher den Anschein erweckt hat, mit den Tieren die Kasse klingeln zu lassen, als sie auf ein Leben in Freiheit vorzubereiten. Auch gestern kamen bei uns dieselben Zweifel auf, ob das mit Tierschutz in Einklang zu bringen ist. Wir waren am späten Nachmittag dort. So, wie wohl die meisten Touristen, die im Anschluss den Sonnenuntergang am Strand erleben möchten. Die Location war echt überlaufen: kreischende Kinder, uneinsichtige Erwachsene, die die Tier für ein gutes Foto aus dem Wasser hoben und mittendrin die anderen Leute, die einfach nur ein schönes Erlebnis wollten. Zugegebenermaßen war es das auch, die Tiere können sich zurück ziehen, wenn es ihnen zuviel wird, aber dem Trubel entkommen, können sie leider nicht. Es ist noch immer so, dass die Tiere überwiegend gesund wirkten und man sich fragte, ob sie länger als notwendig dort sind oder sogar extra dafür gefangen wurden. Es ist definitiv ein toller Ansatz, hoffentlich wird es auch wie versprochen umgesetzt. Das mit dem Minikäfig für die Schlangen hat sich noch immer nicht verändert und wirkte total traurig und falsch. Am Ende muss man sagen, dass wir uns hinterfragt haben, ob wir das Richtige getan haben. Definitiv ein großartiges Erlebnis, wenn man nur wenige Touristen in der Einrichtung hat und die Schildkröten wirklich nur übergangsweise dort sind. Das lässt sich aber leider nicht herausfinden. Viele Grüße aus Kidoti ;)