Während meiner frühen Jugend war Skispringen in Deutschland sehr beliebt. Es waren die Erfolgszeiten von Martin Schmitt, der omnipräsent war. Davor Weißflog, Thoma und Co, danach Sven Hannawald. Es war also quasi nicht möglich, am Skispringen vorbeizukommen. Mein Interesse am Skispringen begann etwa im Jahr 1998, als ich Skispringen zum ersten Mal so richtig im Fernsehen verfolgt habe. Nur wenig später fand ich viele Freunde über das Skispringen und wir verbrachten Sommer wie Winter jede Menge Zeit an den Schanzen. Ob Skiflug-WM oder Vierschanzentournee, ob Schwarzwald oder Norwegen - einige Jahre meines Lebens drehte sich fast alles ums Skispringen.
Skispringen: Wie die Leidenschaft begann
Ich weiß gar nicht, wann ich zum ersten Mal Skispringen im Fernsehen sah. Eigentlich bin ich ein wenig auch damit aufgewachsen, denn daheim lief am Wochenende öfter mal der Weltcup und zum Jahreswechsel war die Vierschanzentournee im Fernsehen immer eingeplant. Ich weiß nicht, ob ich mich an ein Neujahr ohne Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen erinnern kann.
So wirklich Skisprung-Fan wurde ich aber erst später. Das große Interesse kam mit dem Aufstieg von Martin Schmitt als DSV-Adler. 1998 gewann Martin Schmitt zum ersten Mal den Gesamtweltcup und das war auch gleichzeitig der Beginn einer neuen Ära im Hause Keilbach: Denn 1999 bekamen wir tatsächlich Internet. Und das sollte für mich der Weg sein, in die Skispringen-Community einzutauchen und andere Skisprung-Fans kennenzulernen. Denn viele der Freunde, die ich aus dieser Zeit habe und mit denen ich meine halbe Jugend verbracht habe, kenne ich eigentlich aus dem Internet.
1999, damals liefen spezielle Skisprung-Wettbewerbe wie beispielsweise die Vierschanzentournee mit dem Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen bei RTL, meldete ich mich im RTL-Skisprungchat an. Meine Jugend habe ich eigentlich hauptsächlich mit Menschen verbracht, die ich über diese Chatplattform und im Laufe der Zeit dann auch persönlich kennengelernt habe.
Skispringen Live: Bei der Skiflug-WM in Harrachov
Viele Jahre bestand mein Bezug zum Skispringen vor allem daraus, vor dem heimischen Fernseher zu sitzen und Wolfgang Loitzl und die Norweger anzufeuern. Warum auch immer fand ich die Norweger und besagten Wolfgang Loitzl, der 2008/2009 am Ende seiner Karriere sogar noch die Vierschanzentournee gewinnen konnte, ziemlich toll. Im Chat tauschte ich mich mit anderen Fans aus - denen hatten es damals vor allem die finnischen Skispringer angetan.
Dann stand das erste Springen an, ich war gerade erst 16 Jahre alt geworden. Das erste Mal an einer Schanze war ich als Badenerin aber nicht etwa in Titisee-Neustadt oder Hinterzarten, sondern in Harrachov in Tschechien. Zusammen mit zwei Chat-Freundinnen aus Föhr und Dresden und zwei derer Freunde ging es im März 2002 nach Tschechien.
Ich fuhr erst alleine bis nach Dresden, wo wir uns alle zusammen bei einer Bekannten trafen. Danach fuhren wir mit dem Zug weiter bis nach Liberec; in einem Zug, der seinen Namen nicht verdient hatte. Es waren alte Holzpritschen, es ruckelte unendlich und man hatte ständig irgendwelche Holzsplitter im Po. Wir verpassten in Liberec auch gleich unseren Anschlusszug, aber damals war Tschechien noch ein sehr billiges Land, daher nahmen wir zu fünft ein Taxi.
In Harrachov fand 2002 die Skiflug-Weltmeisterschaft statt und damals gewann Sven Hannawald vor Martin Schmitt. Es war für mich total beeindruckend, diese jungen, dünnen Menschen mit ihren Skiern von dieser riesigen Schanze stürzen zu sehen. Da es in Harrachov, anders als zu dieser Zeit in Deutschland, wenig weibliche Fans gab, die schon früh morgens zu Unzeiten an der Schanze waren, um ganz vorne zu stehen, war es ein sehr entspanntes Ambiente.
Und ich fand es generell sehr schön, die Stars aus dem Fernsehen, die sie damals für mich waren, beim Einkaufen im Souvenirshop oder abends im Restaurant zu treffen. Auch wenn ich mich damals für Sven Hannawald und Martin Schmitt gefreut habe, mein Herz schlug doch für die Norweger - wie man an meinem selbstbegastelten Plakat für den Norweger Roar Ljøkelsøy (der viel später auch drei Jahre lang im Trainerteam des deutschen Skiverbandes gearbeitet hat und etwa Severin Freund gecoacht hat).
Skispringen live: Meine Jugend in Neustadt und Garmisch
Es dauerte anderthalb Jahre, ehe meine richtig intensive Skisprung-Zeit begann, mit dem Weltcup in Titisee-Neustadt Ende 2013 fand ich eine Art Clique - natürlich über den RTL-Chat, mit der ich fortan zu den Schanzen dieser Welt reiste.
Unser Interesse am Skispringen steigerte sich von Mal zu Mal und wir fuhren auch zu Continentalcup- und FIS-Cup-Springen.
Und es blieb nicht dabei. Im Winter war ich quasi jedes zweite Wochenende unterwegs (an den anderen arbeitete ich, um das Geld für diese Trips zu verdienen). Ich weiß gar nicht, wie viele Springen ich bei der Vierschanzentournee live gesehen habe. Wir waren beim Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen und natürlich total k.o., weil wir in der Silvesternacht viel zu lange im berühmten Lokal Peaches und auf dem Marktplatz von Garmisch gefeiert hatten. Oder in Oberstdorf, wo wir vor und nach Wettbewerben der Vierschanzentournee im Irish Pub Freunde getroffen haben. Wir waren bei der Skiflug-WM in Oberstdorf und im Sommer beim Springen und bei Trainingslagern verschiedener Mannschaften in Hinterzarten. Continentalcups sahen wir in Neustadt, Braunlage im Harz, Garmisch-Partenkirchen und Brotterode.
Wie es in der Jugend so ist, stand der Spaß an erster Stelle. Wir feierten abends in den Bars - und zu Beginn noch in den Festzelten, die aufgrund der Publikumsmengen an der Schanze aufgestellt waren -, und am nächsten Morgen standen wir nach minimalem Schlaf möglichst früh auf, um uns an die Schanze zu stellen. Im Winter hielten wir uns mit dicken Jacken, Wärmekissen und viel Alkohol warm.
Ich hatte schnell einen Freundeskreis vor Ort, nicht nur die drei Mädels aus meiner Umgebung, mit denen ich auch außerhalb des Skispringens viel zusammenhing, sondern auch viele andere Fans, die man auf quasi jedem Event traf. Es war wie ein großes Klassentreffen alle paar Wochen, denn man kannte gefühlt die Hälfte derjenigen, die sich zur Zeit im Ort aufhielten.
Außerdem ließen sich die Skispringen auch immer mit schönen Touren verbinden. Mit unseren Schülerferien- oder Wochenendtickets fuhren wir stundenlang in Regionalzügen nach Deutschland und machten dabei noch schöne Ausflüge. Im Sommer badeten wir im Titisee oder schlenderten durch Freiburg, im Winter waren wir in Seefeld oder machten einen Abstecher nach Ljubljana in Slowenien.
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Skispringen international: An den Schanzen Europas
Während meines Auslandsjahrs in Norwegen nahm ich dort ebenfalls einige Skispringen mit. Immerhin war meine Faszination für Norwegen ja auch irgendwie durchs Skispringen gekommen und so kamen 2005/2006 während meines Aupair-Jahres zwei Leidenschaften zusammen. Ein Highlight war dabei der Besuch am Holmenkollen zum Holmenkollen-Skifestival.
Ich war zum Nordic Tournament in Lillehammer und Oslo und zum Weltcup sowie zum Sommer-Skispringen in Lillehammer, außerdem zum Continentalcup in Vikersund.
Das waren nochmal ganz neue Herausforderungen, weil es noch einmal ne ganze Nummer kälter war: In Lillehammer konnte man sich nur noch im kleinen Kiosk aufwärmen - zum Glück waren dort nicht so viele Menschen. In Vikersund war der Continentalcup an meinem 20. Geburtstag. Damals fuhr kein Bus oder irgendwas nach Vikersund, also trampten meine Freundin und ich vom nächst gelegenen Bahnhof aus. Mit Erfolg übrigens. Vor Ort war es dann mega kalt, es hatte zwar wahnsinnig schönes Wetter mit viel Sonnenschein, aber es war auch richtig kalt bei -20 Grad. So kalt habe ich es selten in meinem Leben erlebt. Zum Glück waren auch hier meine Wärmesohlen im Einsatz.
Einige Jahre lang bloggte ich News über das schwedische Skispringen, denn die Schweden waren nebst den Norwegern zu meiner zweiten Lieblingsnation im Skispringen aufgestiegen, auch wenn die Schweden bei weitem nicht so erfolgreich waren wie die Norweger.
Nach einem Wettbewerb in Oberstdorf lernten wir zwei der schwedischen Skispringer in einer Bar kennen und so kam die Idee auf - fortan schrieb ich also über die Schweden und reiste sogar eine Weile mit ihnen.
Funfact: Beim Nordic Tournament 2006 war ich offiziell als Physiotherapeutin des schwedischen Teams mit dabei, ich durfte durch die Akkreditierung in alle Mannschaftsbereiche (und konnte mich immer schön im Team-Container aufwärmen).
2006 besuchte ich die Jungs in Schweden und ich konnte bei einer privaten Führung die Schanze von Falun kennenlernen. Hier hatten sie jeweils ihre Karrieren begonnen. Der Besuch war in vielerlei Hinsicht übrigens sehr spannend: Es war Mittsommer in Schweden und Deutschland hatte bei der WM im eigenen Land Schweden im Achtelfinale mit 2:0 geschlagen. Diese paar Tage in Falun und Borlänge werde ich nie vergessen.
Skispringen Comeback: Planica 2010, Titisee-Neustadt 2015
Nach dem Auslandsjahr hat es sich irgendwie langsam verlaufen mit dem Skispringen. Denn irgendwann verbrachten wir nahezu alle ein Jahr im Ausland und die Gruppen wurden auseinander gerissen. 2006/2007 war ich zum letzten Mal bei der Vierschanzentournee. Wir fuhren zum Auftaktspringen nach Oberstdorf und zum Neujahrsspringen nach Garmisch-Partenkirchen (übrigens: Viele Ausflugstipps und Sehenswürdigkeiten in Garmisch-Partenkirchen hat Tina von "Urlaubsreise.blog" zusammengefasst)
Wir sind alle älter geworden, die Interessen haben sich geändert, vor allem aber die Prioritäten.
Aber vom Skispringen kam ich trotzdem nie so ganz los: 2010 gab es für mich noch einmal ein kleines Comeback, als ich mit Freunden aus alten Zeiten zum Skifliegen nach Planica in Slowenien fuhr. Planica gilt als die größte Schanze der Welt und es war immer ein Traum, einmal dorthin zu fahren. Mit dem Auto ging es ab Bremen los, unterwegs sammelte ich Leute ein, und über Österreich landeten wir schließlich in Kranjska Gora, wo wir unsere Ferienwohnung hatten. Da es sich bei Planica um den Saisonabschluss handelt, stand dort vor allem die Feierei im Vordergrund. Bei herrlichem Wetter hatten wir eine grandiose wie legendäre Woche - bei der wir mehr Zeit in den Bars als an der Schanze verbracht haben.
Irgendwann Ende 2014 kam noch einmal der Wunsch auf, mit der einstigen alten Clique zusammen zum Skispringen zu fahren. Im Januar 2015 waren wir daher noch einmal in Titisee-Neustadt. Ich war damals auch als Reporterin unterwegs - denn es war die Zeit, in der Severin Freund erfolgreich war und das gesamte deutsche Team gut dastand. Ich hatte damals für die Frankfurter Rundschau in Titisee ein Interview mit Michael Neumayer und Michael Uhrmann - beide am Ende ihrer Karriere. Als Journalistin an die Schanze zu kommen, war noch einmal etwas anderes - auch wenn ich die meiste Zeit mit meinen Mädels verbracht habe.
Auch wenn es sehr schön war, war es doch anders. Es kamen tatsächlich vier von sechs aus dem einstigen harten Kern und wir hatten eine tolle Zeit. Aber mit den Partyzeiten war es vorbei, der Ort war wie ausgestorben, auch am Abend. Die Bars von damals gab es nicht mehr.
Ein Ziel auf meiner Skispringen-Bucketlist steht aber noch aus: Ich war tatsächlich noch nie in Willingen im Sauerland. Und irgendwie habe ich das Gefühl, dass meine passive Skisprung-Karriere nicht beendet ist, bis ich bei einem Weltcup in Willingen war.
Falun, Schweden
Hinterzarten, Deutschland
Marikollen, Norwegen
Lillehammer, Norwegen
Holmenkollen, Oslo, Norwegen
Garmisch-Partenkirchen, GER
Hinterzarten, Deutschland
Titisee-Neustadt, Deutschland
Lillehammer, Norwegen
Titisee-Neustadt, Deutschland
Hinterzarten, Deutschland
Hinterzarten, Deutschland
Trondheim, Norwegen
Martin Schmitt (GER) in Oslo
Trondheim, Norwegen
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Antje M. (Freitag, 01 Januar 2021 13:02)
Ich war noch nie bei einem richtigen Skispringen dabei, aber wir waren schon oft in Harrachov und haben dort gern den Skispringern beim Training zugeschaut, für mich besonders faszinierend, weil ich schon froh bin, mir beim Langlauf nicht die Füße zu brechen ;-)
Dir wünsche ich ein gesundes neues Jahr!
LG Antje
Ute reist (Freitag, 01 Januar 2021 22:36)
Hallo,
Sehr informativ dein Artikel. Allerdings kenne ich mich mit dem Skispringen nicht so aus. Dafür war ich mal Fan von Sven Hannawald. Das ist schon eine Weile her.
Liebe Grüße
Ute
Anja (Samstag, 02 Januar 2021 08:35)
Liebe Miriam, zunächst wünsche ich dir ein erfülltes und gesundes Jahr 2021!
Ich habe tatsächlich auch als Kind mit Faszination Skispringen im Fernsehen verfolgt. Live dabei war ich bisher nie.
Irre, wie oft und an wie vielen Orten und wie nah du da bei warst. Das waren gewiss eindrucksvolle Erlebnisse!
Herzlichen Gruß
Anja von STADT LAND WELTentdecker
Renate (Samstag, 02 Januar 2021 09:33)
Ich bin auch ein großer Fan des Skispringens. Kein Neujahrstag ohne Neujahrsspringen. Live war ich allerdings bisher erst ein einziges Mal dabei. Da war ich noch ganz klein und mit meinem Papa zusammen in Oberstdorf an der Heini Klopfer Schanze. Seitdem schaue ich mir so viel wie möglich im Fernsehen an. Aber nach Willingen möchte ich auch unbedingt noch mal zum Weltcup. Ist von mir aus gar nicht so weit. Ansonsten schaue ich mir aber auch gerne Schanzen an, wenn ich irgendwo bin. Zum Beispiel am Holmenkollen in Oslo. Oder in Lake Placid...
Mo (Samstag, 02 Januar 2021 13:11)
Liebe Miriam,
ich bewundere ja immer den Mut der Skispringer. Freiwillig würde ich die Schanze nicht runterspringen wollen. Aber live würde ich mir das schon mal ansehen wollen, auch wenn ich kein besonders großer Fan bin.
Mein Mann schaut dagegen immer gern das Nejahrspringen und war sogar mal live dabei. Aber so rum gekommen wie du ist er nicht. Würde er aber gern.
Liebe Grüße
Mo
bloggerfreya@gmail.com (Samstag, 02 Januar 2021 16:00)
Hallo Miriam,
deine Begeisterung fürs Skispringen merkt man deinem Beitrag an. Ich bin eher der Faulenzertyp und habe mit Sport nicht so viel am Hut ;-) Ich war vor Corona zwar im Fitnessstudio, aber das war es dann auch. Ich liebe Schnee und bin früher auch Ski gefahren, aber bei einem Skispringen war ich noch nie dabei. Es ist aber sicher interessant sich das mal live anzusehen.
Vielen Dank für den ausführlichen Beitrag.
Freya
Julia (Sonntag, 03 Januar 2021 14:52)
Hi Mirijam,
ich war noch nie live dabei. Habe das aber immer mit meiner Oma zusammen geschaut.
Fand das zwar Interessant, aber würde das nie selbst machen. Wäre mir eher zu Gefährlich. Schon eine heftige Höhe. Zusehen würde ich aber schon Live mal gerne.
Liebe Grüße
Julia
Jana (Sonntag, 03 Januar 2021 21:28)
Ich bin zwar kein Skisprungfan, stand aber auch schon an den Schanzen in Lillehammer und Oslo, als wir vergangenen Sommer dort oben im Norden waren! Zu der Zeit hatten auch ein paar junge Talente trainiert und es war faszinierend, ihnen zuzuschauen :) Bei einem Wettkampf war ich aber noch nicht dabei!
Liebe Grüße
Jana